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Anwaltshaftung und Vermögensschadenhaftpflicht – wie Fristen schnell zu einem Problem werden können

 31. Oktober 2018   |    Constantin Behrschmidt

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Häufig bedarf es nicht einmal eines grundlegenden Fehlers oder Versäumnisses, damit sich für einen Anwalt oder Steuerberater die Frage einer möglichen Haftpflicht stellt. Es sind manchmal ganz banale Vorgänge und „Kleinigkeiten“, die zum Problem werden können – wie der rechtzeitige Einwurf eines Schriftstücks in den richtigen Briefkasten.

Das wird zum Beispiel an einem Fall deutlich, über den im Mai sogar der Bundesgerichtshof höchstrichterlich zu entscheiden hatte (BGH, Beschl. v. 8.5.2018 – VI ZB 5/17). Dabei war u.a. die Frage Verhandlungsgegenstand, inwieweit ein Anwalt sich für die Erfüllung seiner Sorgfaltspflicht auf die ordnungsgemäße Weiterleitung seiner Schriftstücke im Rahmen der Gerichtsorganisation verlassen darf – oder eben nicht.

Wiedereinsetzung in Berufungsbegründungsfrist abgelehnt

Worum ging es in dem von BGH entschiedenen Fall? Eine Klägerin hat einen Krankenhausträger wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers auf Schadensersatz verklagt. Die Schadensersatzforderung war vom zuständigen Landgericht abgelehnt worden, das entsprechende Urteil wurde am 6.6.2016 zugestellt – mit der Möglichkeit, Berufung einzulegen. Die Klägerin tat dies fristgemäß und beantragte gleichzeitig eine Verlängerung der Frist für die Einreichung der Berufungsbegründung bis zum 5.9.2016, was auch gewährt wurde. Als diese Frist verstrich, ohne dass eine Begründung vorlag, wies das Berufungsgericht die Klägerin mit einem entsprechenden Beschluss darauf hin, dass es die Berufung wegen der fehlenden Begründung nicht zulassen werde. Der Prozessbevollmächtigten der Klägerin wurde der Beschluss ebenfalls zugestellt.

Über die Frage der Einreichung der Begründung entbrannt sich dann ein Rechtsstreit. Die Prozessbevollmächtigte versicherte anwaltlich, die Begründung am 1.9.2016 persönlich abends in den Briefkasten des Amtsgerichts vor Ort eingeworfen zu haben. Dabei sei sie aufgrund langjähriger Erfahrung davon ausgegangen, dass das Amtsgericht die für andere Gerichte bestimmte Post in der gleichen Stadt am Folgetag aussortieren und der zuständigen Annahmestelle zuleiten werde. Damit wäre auf jeden Fall ein fristgerechter Zugang gewährleistet gewesen. In der betreffenden Annahmestelle konnte das Schriftstück aber nicht festgestellt werden, wobei die geschilderte Aussortierungs- und Weiterleitungs-Praxis grundsätzlich bestätigt wurde. Die Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigten unterstellten daraufhin, dass das Schriftstück auf dem Transportweg verloren gegangen sein müsse.

Mit dieser Begründung wurde dann beim für die Berufung zuständigen Oberlandesgericht die Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist beantragt. Einige Tage später wurde schließlich auch die – auf den 1.9.2016 – datierte Berufungsbegründung eingereicht. Das OLG lehnte allerdings den Wiedereinsetzungsantrag ab – nicht zuletzt deshalb, weil es erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des geschilderten Ablaufs hatte. Auf diesem Entscheidungsstand hatte sich dann der BGH mit dem Fall im Rahmen einer Rechtsbeschwerde zu befassen.

Die Leitsätze des BGH

Die BGH-Richter hoben den OLG-Beschluss bezüglich der Ablehnung der Wiedereinsetzung auf und verwiesen den Fall an das Berufungsgericht zurück. Dabei waren zwei Leitsätze für die Richter maßgebend:

  • der Zugang zu Gerichten dürfe dem Bürger nicht unnötig erschwert werden – insbesondere nicht dadurch, dass er sich für die Ausschöpfung von Fristen rechtfertigen müsse;
  • wenn ein Gericht die Weiterleitung von Schriftstücken an andere Instanzen möglich mache, dann reiche es für eine Fristwahrung, wenn der entsprechende Schriftsatz so rechtzeitig beim Gericht eingehe, dass mit Sicherheit von einem fristgerechten Zugang bei der zuständigen Stelle auszugehen sei. Der Anwalt genüge dann bereits seiner Sorgfaltspflicht.

Auch bei Fristwahrungen – ausreichender Versicherungsschutz wichtig

Auch wenn im vorliegenden Rechtsstreit der BGH eine Entscheidung zugunsten der Klägerin bzw. deren Prozessbevollmächtigen getroffen hat, zeigt der Fall, wie schnell tatsächliche oder vermeintliche Fristversäumnisse zu einem Problem werden können. In der ungünstigsten Konstellation kommt dann die Haftpflicht zum Tragen. Der Schaden, wenn ein Berufungsverfahrens „aus Fristgründen“ nicht zustande kommt, kann beträchtlich sein. Umso wichtiger ist eine gute Vermögensschadenhaftpflichtversicherung. Das gilt für Rechtsanwälte, Steuerberater und alle freien Berufe, bei denen Fristwahrung eine wichtige Rolle spielt.



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